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Häslich

Häslich 1782
Häslich um 1960
Häslich 2005

Ist der Ort wirklich so hässlich, wie der Name vermuten lässt? 

Folgende Beschreibung und die beiliegenden Fotos beweisen das Gegenteil.

 

Zunächst zur Geschichte: 

Häslich ist ein Reihendorf mit Gutsblock und Waldhufenflur und liegt

beiderseits des Haselbaches, zentral zwischen den Städten Kamenz, Pulsnitz und Königsbrück.

Die im Ort gemachten Funde - z. B. eine alte Feuerstelle und eine Tränenschale - zeugen davon,

dass bereits vor 2.500 Jahren Menschen hier gewohnt haben. Nachdem die Gegend nach der

Zeitenwende etwa 200 Jahre lang menschenleer war, drangen im 6. Jahrhundert slawische Stämme von Süden und Osten in diesen Bereich vor. Es waren keine Eroberer, sondern Siedler welche von den fruchtbaren Flusstälern angelockt wurden.

 

Um 1000 gehörte der Ort zur Mark Meißen, eine der ältesten Städte Sachsens. Nach einer Sage soll der fromme und reich begüterte Bischof Benno zu Meißen im Nachbarort Bischheim ein

Lustschloss besessen haben, welches er bei seinen Reisen nach Bautzen aufsuchte.

 

Um 1100 siedelten sich in Sachsen, so auch im Haselbachtal, deutsche Bauernsöhne aus Franken, Schwaben und Thüringen an. 

 

Angenommen wird, dass Mitte des 12. Jahrhunderts Hütten sorbischer

Leibeigener entlang des Baches standen.

 

Erstmals urkundlich erwähnt wurde Häslich 1338 unter dem Namen Hezelech. Erster namentlich bekannter Besitzer war Henricus de Hezelecht. obwohl der Ort von Anfang an zur Kirchgemeinde Bischheim gehörte, änderte sich seine Schreibweise im Laufe seiner Geschichte mehrmals:

So wurde aus Hezelech u. a. Heselicht, Heselich, Haselicht, Höselicht, Heßelich, um nur einige

Varianten zu nennen.

 

Entgegen mancher Vermutung steckt der Ursprung des Namens im Wort „Haselgesträuch“, welches beiderseits des Haselbaches wuchs.

 

Ende des 14. Jahrhunderts existierte Häslich als Dorf mit Rittergut. 

1417 gelangte es durch brüderliche Sonderung in den Besitz von Heinrich, Herr von Kamenz auf Pulsnitz. 

Bis 1438 gehörte Häslich zum Lehngebiet der Burggrafen von Kamenz, danach ging es in den Besitz Pulsnitzer Gutsherrschaften über.

Zu dieser Zeit bestand das Dorf aus 1 Rittergut (als Vorwerk genutzt), 9 Bauerngütern, 6

Häuslernahrungen, 22 Häuslern, 1 Mühle, 1 Schankwirtschaft und 1 Gemeindehaus.

Weitere Besitzer waren: von Schleinitzvon Schlieben und von Schönberg.

Mit Einführung der Reformation 1562 wurde die Kirchgemeinde Bischheim einschließlich Häslich protestantisch. 

Noch bis 1582 wurde in der Bischheimer Kirche in sorbischer Sprache gepredigt.

Danach verblieb Häslich über viele Generationen im Besitz der von Schönbergs auf Brauna.

 

1706 wurde der Ort erstmals in seiner heute gültigen Schreibweise genannt.

 

Nach der Ära „von Schönberg“ im Jahre 1729 gelangte der Ort nach mehreren Besitzerwechseln

1789 schließlich zur Herrschaft der reichsgräflichen Familie zu Stolberg-Stolberg. Über mehrere Generationen bis zur Enteignung 1945 war das die Herrschaft von Häslich.

Finanziell ging es Häslich in der Vergangenheit wohl nie schlecht. 

Seit 1828 hatte sich im Ort die Granitsteingewinnung zur Großindustrie entwickelt. Insgesamt 18 Steinbrüche unterschiedlicher Betreiber trugen dazu bei, dass Häslich nach Demitz-Thumitz zur bedeutendsten Granitgewinnungsstätte in der Lausitz und in der „Sächsischen Zeitung“ 1982 als „steinreich“ bezeichnet wurde. 

Riesige Abraumhalden verwitterten Materials und gewaltige Kabelkrananlagenbestimmten über viele Jahrzehnte das Ortsbild. In der Hochzeit der Granitgewinnung und -verarbeitung waren in den Häslicher Steinbrüchen bis zu 800 Beschäftigte aus der näheren

Umgebung tätig, die teilweise unter schweren und der Gesundheit abträglichen Bedingungen das kostbare Gestein förderten und verarbeiteten.

 

Mitte der 1980er Jahre war es mit dem Granit vorbei. Die Abbautiefen in den Steinbrüchen

erreichten Werte, die eine rentable Gewinnung nicht mehr zuließen. Nacheinander wurden die

Brüche stillgelegt. Diese füllten sich im Laufe der Jahre mit Wasser, entwickelten sich zu Biotopen und kleinen Badeseen oder wurden verkippt.

Eine nordöstlich des Ortes errichtete Backenbrecheranlage sorgte dafür, dass die Abraumhalden

nach und nach verschwanden. Zwischen 1962 und 1983 sorgte sie dafür, dass mit dem gebrochenen Granit zum Straßen-, Wege- und Talsperrenbau und vor allem zur Rekultivierung der ausgekohlten Tagebaue materialmäßig entscheidend beigetragen werden konnte.

 

Die Entwicklung der Steinindustrie begründete natürlich entscheidend die Entwicklung der

Bevölkerungszahl: 1834 hatte Häslich 205 Einwohner. Nachdem die Zahl im Jahr 1950 auf ihr

Maximum von 850 stieg, sank sie bis heute auf die reichliche Hälfte. 

Dies ist natürlich nicht nur dem Verschwinden der Granitindustrie geschuldet, sondern auch der allgemeinen demografischen Entwicklung.

Dem gegenüber steht die Tatsache, dass Häslich seit der politischen Wende 1989/90 um elf

neuerbaute Eigenheime gewachsen ist. Ein Zeichen dafür, dass die Infrastruktur stimmt und es sich hier gut leben lässt, auch für junge Familien.

 

Bereits 1935 waren im Haselbachtal Bestrebungen zur Eingemeindung bzw. Zusammenlegung von Orten im Gange. 

So sollten bereits damals Bischheim und Häslich vereinigt werden. Das „Pro“ von

Bischheimer Seite und ein entschiedenes „Nein“ aus Häslich zum Zusammenschluss verhinderten eine Vereinigung zu dieser Zeit. 

Erst 34 Jahre später war die Zeit dafür reif:

 

Zum 1. Januar 1969 wurden beide Orte zur Doppelgemeinde Bischheim-Häslich vereinigt. Dafür sprach unter anderem: gemeinsame Kirchgemeinde, Schule, Kindergarten und Sportgemeinschaft.

Der Vereinigungsstein aus Granit auf dem Bischheimer Gutberg erinnert an dieses Ereignis.

Danach sollten weitere drei Jahrzehnte ins Land gehen, bevor es zur nächsten Zusammenlegung kam.

 

In Umsetzung der Gemeindegebietsreform Anfang der 1990er Jahre entstand ein Verwaltungsverband,

dem neben Bischheim, Gersdorf, Möhrsdorf, Häslich, Reichenbach und Reichenau auch

Oberlichtenau angehörte. Mit deutlich über 5.000 Einwohnern entging man damit vorschnellen

Eingemeindungen und es war Zeit gewonnen, zukunftsorientierte und von der Bevölkerung

mitgetragene Entscheidungen zu treffen. 

Weil Oberlichtenau im Jahr 2000 aus diesem Verband

ausschied, wurden die sechs verbliebenen Dörfer, die sich mittlerweile alle zu Doppelgemeinden zusammengeschlossen hatten (Gersdorf-Möhrsdorf, Reichenbach-Reichenau und natürlich

Bischheim-Häslich), am 01.01.2001 zur Großgemeinde Haselbachtal vereinigt.

Schauanlage und Museum der Granitindustrie

Vorweisen kann Häslich heute unter anderem mit der Edelstahl-Lasertechnik GmbH ein starkes und

zukunftsorientiertes Mittelstandsunternehmen, welches weit über 100 Arbeitnehmer beschäftigt.

Aber auch kulturell ist der Ort gut aufgestellt. Aus dem ehemaligen Steinbruch „Prelle“ wurde nach

aufopferungsvoller und langwieriger Arbeit vieler Interessierter eine Schauanlage mit Museum der Granitindustrie. Sie soll als Zeitzeuge über fast zwei Jahrhunderte Geschichte bewahren und der Nachwelt erhalten. Darum kümmert sich ein Förderverein. Ein Besuch von interessierten Gästen, auch Schulklassen, ist in jedem Fall zu empfehlen.

Ein ebensolcher Anziehungspunkt in Häslich ist der Vierseithof. Dieses Bauerngehöft gehört zu den ältesten Gebäuden in Häslich und wurde bis 1973 bewirtschaftet. Zehn Jahre später wurde es unter Denkmalschutz gestellt. Seinen Ursprung hatte alles in einer Interessengemeinschaft Heimatgeschichte im Kulturbund der DDR und später in der AG „Junge Historiker“.

In der Satzung des 1992 gegründeten Heimatvereins, der hier seinen Sitz hat, ist das Ziel dieses

Vereins klar festgeschrieben:

  • Aufarbeitung der Geschichte der Gemeinde und ihrer Umgebung

  • Dokumentation früherer Arbeits- und Lebensweisen auf dem Lande

  • Bewahrung alter Traditionen

Wer also das bäuerliche Leben auf dem Lande im 18. und 19. Jahrhundert nachempfinden möchte und sich für alte Maschinen und Gerätschaften interessiert, ist nach Anmeldung zu einer Führung herzlich eingeladen.

 

Jürgen Schäfer

04.07.2025

Vierseithof